Jakobus - Die "Jakobi"kirche
Bestimmt sind Einige von Ihnen in diesen Wochen auf dem Weg nach Spanien, um dort erholsame Urlaubswochen zu verbringen … manche von Ihnen vielleicht auch, um spirituelle Erfahrungen zu sammeln. Der Jakobsweg im Norden Spaniens ist dafür – spätestens seit Harpe Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“ – ein Inbegriff. Wandern auf alten Wegen … zu sich kommen … mit anderen ins Gespräch kommen … über Gott, über sich, über das Leben und die Welt nachdenken … all das verbinden wir heute mit dem Stichwort „pilgern“.
Die Jakobswege sind alte Pilgerwege quer durch Europa. Den Menschen früher ging es dabei um ihr Seelenheil. Schon auf den Stationen des Weges in den Kirchen und Kapellen, aber insbesondere dann am Ende des Weges in Santiago de Compostela konnte man durch den Besuch der heiligen Stätten und durch Gebet Ablass und Gnade bei Gott erwerben. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass die Menschen, die früher auf Pilgerwegen unterwegs waren, genau wie die Menschen heute mehr gefunden haben als nur heilige Stätten … Solche Wege sind zugleich immer auch Wege zu sich selbst und zu Gott … Heil für die Seele!
Heute gibt es nur noch einen offiziellen Jakobsweg durch Norddeutschland, der von Hamburg über Bremen nach Osnabrück führt. Im Mittelalter gab es jedoch erheblich mehr Wege, einen auch über Braunschweig. An diesem befand sich die Jakobskirche oder Jakobskapelle am Eiermarkt, die heute als Gemeindehaus der Martinigemeinde dient. Als 1904 die Kirchenvorstände von St. Martini und St. Petri die Gründung einer neuen Gemeinde auf ihrem Gebiet beschlossen, wurde der Name dieser seit 1795 nicht mehr genutzten Kirche aufgenommen, um unserer Gemeinde den Namen St. Jakobi zu geben.
Alle Jakobswege enden in Santiago de Compostela in Nordspanien. Hier in dieser abgelegenen Stadt in Galicien sollen die Gebeine von Jakobus dem Älteren ruhen, einem der zwölf Jünger Jesu. Zusammen mit seinem Bruder Johannes, Andreas und Simon Petrus gehörte er zu den erstberufenen Jüngern, die im Jüngerkreis eine besondere Stellung einnahmen. So waren diese vier sowohl im Garten Gethsemane dabei wie auch auf dem Berg der Verklärung. Für Jakobus verbindet sich so mit Jesus sowohl Ehre und Herrlichkeit wie auch Leid und Schwäche … was vielleicht seine Popularität beim Volk als Heiliger ausmacht: Jakobus weiß, wie nahe Höhen und Tiefen im Leben beieinander liegen. Gott aber ist in beidem immer ganz nahe!
Um Jakobus ranken sich viele Legenden. So soll er prophezeit haben, dass er Unzählige bekehren werde. Auf seinen Reisen über die iberische Halbinsel hatte er dann jedoch so wenig Erfolg, dass er eines Tages mutlos und verzweifelt bei Zaragossa am Ufer des Ebro gesessen habe. Als er dann beschloss, die Mission abzubrechen, sei ihm jedoch die Jungfrau Maria erschienen und hätte ihm ihre Unterstützung zugesagt … mit Erfolg!
Die Geschichte lässt mich fragen, worauf wir uns in unserer Arbeit verlassen … auf uns oder auf Gott? Und sind auch wir nicht allzu oft schnell enttäuscht ob des Misserfolgs? … Inne halten … auf Gott vertrauen … und einen langen Atem haben – darauf weist uns Jakobus!
Dargestellt wird der heilige Jakobus meist wie auf dem Wandteppich, der bei uns in der Brauthalle hängt: als Pilger mit Jakobsmuschel, Stock, Hut und Mantel … Heilige in der evangelischen Kirche sind jedoch nur insofern für uns Heilige als sie uns Vorbilder im Glauben sind. Was also kann uns an Jakobus, dem Namenspatron unserer Kirche, Vorbild sein?
Seine Darstellung als Pilger weist uns, denke ich, in die richtige Richtung: es geht um das unterwegs sein! … Wir haben in dieser Welt, so heißt es in der Bibel (Hebräer 13,14), keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir … Das heißt, wir sind in allem immer unterwegs auf Gott hin … Ihn zu suchen und Anderen bei ihrer Suche zu helfen, kann und muss darum für uns als Christen immer unsere Aufgabe sein!
Als vor gut einhundert Jahren unserer Gemeinde der Name St. Jakobi gegeben wurde, haben die Kirchenvorstände von damals uns damit eine doppelte Aufgabe mit auf den Weg gegeben: Wir sollen eine Kirche sein für pilgernde Menschen, für Menschen, die unterwegs sind, die Antworten auf ihre Fragen suchen, die sich nach Gott sehnen … und wir sollen zugleich eine pilgernde Gemeinde sein, eine Gemeinde, die selber unterwegs ist, die immer wieder neue Wege sucht, um Menschen mit sich selbst und mit Gott ins Gespräch zu bringen …
Urlaub – nicht nur in Spanien, sondern überhaupt – hat ja auch etwas mit „unterwegs sein“ zu tun … Wir machen uns auf in fremde Länder … wir begegnen Menschen … kommen ins Gespräch … machen Erfahrungen … bekommen neue Eindrücke … Ich würde mich freuen, wenn Sie dabei Gott nicht ausklammern, sondern ihn dabei sein lassen in ihrem „unterwegs sein“ … denn dann wird jeder Urlaub zu einer kleinen Pilgerreise!