Das Ehrenmal für die Gefallenen des ersten Weltkriegs (1914-18)
Im Laufe des Jubiläumsjahres haben viele Menschen unsere Kirche zum ersten Mal oder erstmals wieder nach langer Zeit gesehen. Wer den Kirchenraum betritt, ist in der Regel erst einmal erstaunt über die Größe des Raumes, die beeindruckende Höhe und Weite, die man so von außen gar nicht vermutet. Darüber hinaus aber gibt es doch recht wenig an Besonderem oder Farbigem, was den Blick anzieht oder gar fesselt. Die Aufmerksamkeit des Besuchers soll eben ganz dem gelten, was im Gottesdienst geschieht.
Eine Ausnahme bildet beim Blick nach vorn das bunte Jesusfenster und beim Blick nach hinten das bunte Fenster vom barmherzigen Samariter und dazu das 1921 ergänzte Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, das in seiner strahlenden Farbigkeit ins Auge sticht.
Manchmal sehe ich dort am Ehrenmal Besucher stehen, die die Namen studieren. Vielleicht findet sich unter den vielen dort verzeichneten jungen Menschen ja ein eigener Vorfahre …
Was und wer mit dem Ehrenmal geehrt wird, darauf weist uns das Spruchband über dem Ehrenmal: Im Weltkrieg 1914-18 opferten wir uns aus St. Jakobi für euch. Seid unserer wert!
Problematisch finde ich diesen Gedanken des Opfertodes für das Volk. Die Zeit damals hat das sicher so empfunden, aber aus heutiger Sicht erscheint jeder Krieg als sinnlos, menschenverachtend und für Leib und Seele verheerend. Obwohl es auch heute noch immer viel zu viele Kriege auf unserer Welt gibt, so gibt es doch keine Rechtfertigung dafür und schon gar nicht eine, die den Tod im Krieg als von Gott gewolltes Opfer für das Volk versteht.
Dennoch macht für mich das Ehrenmal in unserer Kirche Sinn, und zwar als Mahnmal. Es führt uns vor Augen, wie viele junge Menschen nur aus unserer Gemeinde, aus unserem Stadtteil in nur einem einzigen Krieg, der nichts einbrachte als Not und Elend, ihr Leben gelassen haben. Das sollte uns zu allen Zeiten gemahnen, uns stets für den Frieden einzusetzen, gerade auch als Kirche.
Darüber hinaus aber gefällt mir auch die Aussagekraft des Mahnmals: die strahlende Sonne hinter dem vom Weinlaub umrankten Kreuz auf dem Sarkophag. In der Festschrift erläutert Frau Isolde Helling, dass die Vasen, die Feuerschalen, das Weinlaub uns symbolisch auf Tod und Auferstehung weisen.
Am meisten aber zieht die große gelbe Sonne mit ihrem Strahlenkranz auf blauem Himmel hinter dem Kreuz meinen Blick an. Bei mir schwingen bei diesem Bild die Wärme und das Licht mit, die von der Sonne ausgehen. An jedem Morgen kehrt die Sonne nach dunkler Nacht wieder zurück. Die Sonne besiegt den Tod und ist so für uns ein Symbol, ein Zeichen für die Kraft des Lebens, für Hoffnung und für die Ewigkeit.
Beim Anblick dieser Sonne hinter dem Kreuz fallen mir Lieder ein wie Gottes Liebe ist wie die Sonne oder Gott liebt diese Welt. Im zweiten Lied heißt es dann weiter: und wir sind sein Eigen, wohin er uns stellt, sollen wir es zeigen …
Vor uns liegen in den kommenden Wochen der Volkstrauertag und der Totensonntag – Tage, die überschattet sind von Trauer, Verlust und Leid. Der Sarkophag steht für die von uns empfundene scheinbare Endgültigkeit des Todes. Die Sonne aber über dem Grab weist uns auf die Liebe Gottes, die vom Kreuz ausgeht: Gott lässt uns nicht im Grab! Er schenkt uns immer wieder neu das Leben!
So sind wir dieser Liebe, diesem Gott gegenüber verantwortlich. Daran erinnert uns der Volkstrauertag: Als Gottes Kinder, die aus seiner Liebe leben, tragen wir Verantwortung für die Welt und für den Frieden, damit so etwas wie der erste oder der zweite Weltkrieg nie wieder passieren.
Zugleich aber umfängt uns die Liebe Gottes wie eine Sonne mit ihrer Wärme und ihrer Ewigkeit. Daran dürfen wir uns am Totensonntag erinnern, der zugleich ja auch Ewigkeitssonntag heißt. Wir mussten Abschied nehmen von lieben Menschen. Doch wir dürfen darauf vertrauen, dass sie genauso wie wir in der wärmenden Liebe Gottes geborgen sind.
Zwischen Grab und Sonne steht zentral das Kreuz, das Zeichen für Jesus Christus. In ihm dürfen wir die wunderbare Liebe Gottes erkennen, die auch am Tod nicht Halt macht. Weihnachten feiern wir die Geburt dieser Liebe, dieser Sonne die für uns aufgeht … und dass jedes Jahr neu!