Abendmahl
Abendmahl! Warum? Wie?
Das Abendmahl ist in der Christenheit wohl das bedeutendste Sakrament. Es ist in vielerlei Hinsicht ein Zeichen unseres Glaubens. Ein Zeichen (wie z.B. eine Umarmung oder ein liebevoll ausgesuchtes Geschenk) sagt manchmal mehr, als viele Worte es können. Auch die vielen Worte eines Gottesdienstes können manchmal ganz und gar an mir vorbeirauschen. Aber beim Abendmahl, da empfinde, da „verstehe“ ich etwas auf andere Weise.
Einige verstehen das Abendmahl so, dass Gott sich selbst uns schenkt, sein Leib und Blut, „...für euch gegeben, zur Vergebung der Sünden“. Das ist für mich selbst ganz schwer zu verstehen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass das, was ich da esse und trinke, Jesu Leib und Blut ist. Und noch schwerer ist für mich die Vorstellung, dass durch den Genuss von Brot und Wein die Fehler, die ich in meinem Leben gemacht habe, einfach verschwinden. Vergebung ist wichtig im Leben – aber so?
Für ganz viele Menschen ist das Abendmahl ein Erinnerungsmahl. Sie erinnern sich dadurch an die Geschichte und an die Bedeutung Jesu für ihr Leben. In diesem Sinne ist das Abendmahl ein Zeichen für die Nähe Gottes. Das fällt mir schon leichter zu glauben. Gott nähert sich uns immer wieder, auch wenn wir uns oft genug von ihm entfernen.
Eine der mir liebsten Vorstellungen ist die, dass ich dadurch mit den anderen Teilnehmern in eine engere Gemeinschaft eintrete. Wir tun etwas gemeinsam, das uns verbindet. So, wie man ja mit dem Menschen vertrauter ist, mit dem man schon einmal zusammen gegessen hat. Wir stehen im Kreis. Wir reichen uns zum Abschluss die Hände.
Für andere Christen sind Brot und Wein vor allem Zeichen der leiblichen und geistlichen und seelischen Stärkung auf dem oft mühseligen Lebensweg. So, wie das Volk Gottes in der Wüste durch Manna gespeist und durch Wasser aus dem Felsen ihr Durst gestillt wurde. Der Mensch lebt vom Brot und er lebt nicht vom Brot allein. Gott gibt beides!
Brot und Wein können auch Zeichen der Einheit und der Vielfalt sein. Wein aus ganz vielen unterschiedlichen Trauben, Brot aus ganz vielen Ähren und Körnern – so wie auf dem Bild links, wo die Konfirmanden für das gemeinsame Abendmahl selber aus vielen Körnern ein Brot für das Abendmahl gebacken haben. Ein schönes Zeichen für das, was uns alle (so unterschiedlich wir auch sind) vereinen könnte.
Es ist gut, dass es so viele und noch mehr Möglichkeiten gibt, das Abendmahl zu verstehen, sodass jeder und jede sich an eigener Stelle finden kann. Und damit auch wirklich keiner sich (vielleicht wegen des Alkohols) ausgeschlossen fühlt, feiern wir das Abendmahl in unserer Gemeinde ausschließlich mit Traubensaft.
Auch, wie Sie das Abendmahl empfangen, ist Ihnen überlassen. In der Regel wird Ihnen die Hostie (Brotersatz) in die Hand gegeben – danach tauchen Sie sie in den Kelch (Intinktion). Das ist besonders hygienisch. Aber Sie können das Brot auch auf die Lippen gelegt bekommen und danach aus dem Kelch trinken. Für diesen Fall halten wir immer desinfizierende Tücher bereit.
Eine besondere Form des Abendmahls feiern wir am Gründonnerstag (s. Bild) zur Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu im Kreise seiner Jünger. Da wird eine große Tafel in der Kirche gedeckt, an der wir alle sitzen und über die Geschichte und Bedeutung dieses Tages singen und hören. Zum Ende dieser Erinnerungen empfangen wir das Abendmahl und essen dann gemeinsam - eine schlichte Mahlzeit, denn so hat es – der Überlieferung nach – Jesus getan, in der Nacht, als er verraten wurde.
So vielfältig die Deutungsmöglichkeiten des Abendmahls sind, so vielfältig sind auch die Möglichkeiten, es zu feiern und daran teilzunehmen. Ich brauche keine Hemmungen haben. Ich darf mich geben, wie mir zumute ist und darf nehmen, was ich brauche. Dass wir weiterhin so eine fröhliche Schar bleiben bei diesem Sakrament, das wünsche ich mir.
Jörg Fromm, Pfarrer an St. Jakobi